EFSF, ESM oder das Ende der €urozone ?!

  • Hallo zusammen,


    in den Medien geht es ja aktuell gerade wieder drunter und drüber, daher wollte ich mal eure Meinung zum Thema hören. Seid ihr für den Europäischen Rettungsschirm bzw. den Europäischen Stabilitätsmechanismus oder haltet ihr sogar einen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone für möglich?
    Für Informationen hab ich hier ein paar Quellen zusammengesammelt:
    Was sind EFSF, ESM und Sixpack? | tagesschau.de
    Euro-Krise: Griechenland nährt Pleiteängste | FTD.de


    Ich will hier auch nicht über die Ursachen diskutieren, da das ohne fundierteres Wissen an VWL/BWL nicht so ohne Weiteres möglich ist.


    Ich persönlich bin geteilter Meinung, zum einen verdient Griechenland die Möglichkeit, seinen Haushalt wieder hinzubekommen und auch wieder konkurrenzfähiger zu werden, was allerdings innerhalb der Eurozone relativ schwer ist. Auf der anderen Seite hingegen ist ja jetzt bekannt geworden, dass die Griechen 400 Panzer von den USA kaufen, wohl auch finanziert aus den Rettungsgeldern, ausserdem erleben die Griechen gerade rießige Widerstände in der eigenen Bevölkerung, die Deutschen werden als Nazis beschimpft und auf Fotomontagen wird Merkel mit Hitler Arm in Arm gezeigt.
    400 US-Panzer für finanzmarode Griechen - Griechenland - derStandard.at › International


    Daher würde mich mal interessieren, wie ihr dazu steht, das soll auch nicht exklusiv nur für Fachleute gelten, sondern auch diejenigen, die sich damit nicht so sehr beschäftigen wie andere.

  • Gibt ja so Theorien dass beim Ausstieg von Griechenland alle PIGS (Portugal Irland Griechenland Spanien) aussteigen müssen werden und dass das den Zusammenbruch des Euros realistisch macht... Dennoch wäre ich gegen den EFSF. Aus purem Geiz und ein bisschen Schiss, weil was bringt mir ein griechischer toller Haushalt wenn es und dann später so wie ihnen geht?! Wir reiten uns nur tiefer rein.

  • Also ich habe gerade erst eine Seminararbeit über das Thema geschrieben, insbesondere darüber, wie Deutschland seine Interessen in der Währungskrise verteidigt. -> Daher kommen auch die üblen "Beschimpfungen" ggüber Kanzlerin Angela Merkel. Ich muss sagen, ich habe mich vier Wochen lang intensiv in die Materie eingelesen und .. was soll ich sagen das ganze ist kaum zu überblicken und für den Laien schonmal garnicht finde ich. Der ESM bzw. EFSF war aus Deutscher Sicht notwendig (siehe Ziele der deutschen Finanzpolitik -> Stabilität des Euros als "Kernelement"). Leider habe ich heute in einem Seminar wieder mal gehört (Prof. Dr. Uwe Jun Parteienforscher der Universität Trier), dass die Leute die dort entscheiden (zumindest diejenigen die Abstimmen über Hilfsgelder etc.) von der Materie meist überhaupt keine Ahnung haben xD. Wie das ganze ausgehen wird... tja kein Plan. Aber ich denke an einem Schuldenschnitt um min. 30% kommen wir nicht drum rum.


    So far...

  • Also ich habe gerade erst eine Seminararbeit über das Thema geschrieben, insbesondere darüber, wie Deutschland seine Interessen in der Währungskrise verteidigt. -> Daher kommen auch die üblen "Beschimpfungen" ggüber Kanzlerin Angela Merkel. Ich muss sagen, ich habe mich vier Wochen lang intensiv in die Materie eingelesen und .. was soll ich sagen das ganze ist kaum zu überblicken und für den Laien schonmal garnicht finde ich. Der ESM bzw. EFSF war aus Deutscher Sicht notwendig (siehe Ziele der deutschen Finanzpolitik -> Stabilität des Euros als "Kernelement"). Leider habe ich heute in einem Seminar wieder mal gehört (Prof. Dr. Uwe Jun Parteienforscher der Universität Trier), dass die Leute die dort entscheiden (zumindest diejenigen die Abstimmen über Hilfsgelder etc.) von der Materie meist überhaupt keine Ahnung haben xD. Wie das ganze ausgehen wird... tja kein Plan. Aber ich denke an einem Schuldenschnitt um min. 30% kommen wir nicht drum rum.


    So far...



    Nun entschuldige mir meine Neugier aber wenn du dich als Student mit der Thematik näher befasst hast dann würde ich sehr gerne von dir eine Antwort erhalten bzw. eine Meinung die etwas umfangreicher ausfällt. Wurden in deiner Seminar Arbeit alternative Lösungswege durch gearbeitet ? ("Nord-Euro", Austritt aus der Gemeinschaftswährung unter Beibehaltung des freien Lieferverkehrs (ähnlich wie die Schweiz) , etc.. ?)


    Das alle die da Mitentscheiden (auf europ. oder dt. Ebene "keine Ahnung" haben ist hoffe ich ( !!) übertrieben.


    Ich frage mich auch immer wieder wieso anti europäische Parteien nicht strom artigen Zulauf erhalten, was kann es denn bitte "Besseres Passieren" als ein absehbares Ende des Euros. (Wobei die Verknüpfung Euro = Europa natürlich absoluter Quatsch ist.)

    09.09.2011 - First Blind Whisky Tasting by cippolino
    06.01.2012 - Second Blind Whisky Tasting by cippolino
    25.05.2012 - Third Blind Whisky Tasting by cippolino

  • Ja wir als Deutsche bekommen halt immer vorgehalten, seien wir doch die Profiteure des Euros, was mittlerweile eben schlichtweg einfach falsch ist und immer wieder fälschlicherweise in TV und anderen Medien so rübergebracht wird. Ich habe die genauen Zahlen nicht hier(könnte ich bei Bedarf aber raussuchen), aber soweit ich mich entsinne war unser Export in die jetzigen Euro-Länder vor der einführung des Euros unwesentlich niedriger, als er aktuell ist. Klar mögen wir anfangs davon profitiert haben, da der Euro im Vergleich zur DM bei weitem nichtmehr so stark war und wir unsere Waren daher eben günstig losgeworden sind, doch aktuell trifft das eben nicht mehr zu.


    Alternative Lösungswege gibt es zurzeit leider viel zu viele. Vom Austritt Griechenlands ist die Rede, zum einen klar eine Möglichkeit, Griechenland wertet die Drachme ab und kann dann seine Wettbewerbsfähigkeit steigern, indem es seine Waren und Dienstleistungen günstiger innerhalb der EU und weltweit verkaufen kann. Jedoch birgt das die Gefahr, dass auch die anderen PIIGS-Staaten aus der Eurozone gedrängt werden, denn sobald Griechenland weg ist, stürzen sich die Spekulaten aus aller Welt eben auf diese Länder und treiben sie so weiter nach unten, ist das ja nie eingeschränkt worden, trotz der Versprechen nach Ausbruch der Immobilienkrise 2007.


    Andere Wege schlagen Rettungspakete vor, bis Griechenland sind ich 10-15 Jahren vielleicht selbst saniert hat, was angesichts der Blockade durch die Bevölkerung meiner Meinung nach nicht wirklich helfen wird, denn wenn die Mehrheit der eigenen Bevölkerung nicht bereit ist, dass durchzuziehen, wer soll den Griechen dann helfen ?!


    Einer unserer Professoren hatte den Vorschlag, die Griechen sollten auch einfach mehr auf ihre Durchsetzung bei ihren Gesetzen achten. Klar kommen Reformen, doch wenn sie nicht nachverfolgt werden, ist das ja kein Wunder, da in Griechenland eben viel bestochen wurde, gibt es folglich auch wenig Betriebe, die mal Besuch von der Steuerfahndung oder dergleichen bekommen, was übrigens auch in Deutschland helfen würde, den Haushalt zu konsolidieren, ein Beispiel ist ja aktuell die Thematik Steuersünder-CDs und co.


    Die Roland Berger Strategy Consulting hat z.B. vorgeschlagen, einen Treuhandfond einzurichten, der griechische Staatseigentümer verkauft und dann innerhalb der Eurozone an die Staaten verkauft, damit wäre das Defizit Griechenlands auf einen Schlag auf etwa 90% (aktuell rund 150%) und die Griechen könnten sich durch ihr dann besseres Rating wieder mit Kapital versorgen, ohne enorme Zinsen zahlen zu müssen.


    Das ein Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone nicht gleichbedeutend sein kann wie einem Untergang Europas, halte ich auch mehr für eine Panikmache der Bevölkerung, sich gegen den EFSF zu wehren nach der Manier: wenn sich das rumspricht, sind sie wohl alle dafür.
    Ich denke wie Petto, und denke dass Griechenland nicht um eine Umschuldung bzw. einen Schuldenschnitt herumkommen wird. Zum einen fehlt es den Griechen einfach an einer konkreten Umsetzung der Auflagen, sie verstoßen ja ständig dagegen und bekommen weiterhin Geld, zudem wächst der Unmut in Europa, was die Slowaken neulich demonstiert haben, auch wenn es dort um politische Aspekte ging, die Nachwahl hat ja gezeigt, dass sie schon bereit waren. Aber auch die Wahren Finnen werden sich dadurch wieder bestärkt fühlen.
    Desweiteren bietet die Einführung des ESM(vermutlich 2013) ja erst das Mittel, mit dem Griechenland dann in die Insolvenz gehen könnte. Aber ist ja nicht so, dass Schäuble und co. nie von einem Schuldenschnitt gesprochen haben, wozu dann etwas installieren, was das erst ermöglicht ?! seltsam, aber naja.


    Allerdings kann ich mir in der aktuellen Lage auch noch ganz viele andere Möglichkeiten vorstellen, was alles passieren könnte. Daher bin ich gespannt, wie sich das ganze entwickelt, finde es allgemein sehr interessant und bin auch froh, dass mein ganzes Studium jetzt praktisch von Ausbruch der Krise an gelaufen ist, denn wie soll man sich mit VWL besser beschäftigen, als in einer akuten Krise zu stecken.


    Hoffe meine Ansätze sind dennoch verständlich, auch für nicht VWLer.

  • Ich bin zwar kein großer Anhänger von Verschwörungstheorien, jedoch sollte man sich mal bewusst machen was eigentlich passiert durch eine Europäische Übernahme eines souveränen Landes durch Kontrolle des Finanzsektors.Der Untergang des souveränen Staates.
    Nun spricht man von "Hebeln" aus Frankreich heißt es binnen von 2 Wochen stehen wir vor Endgültigen Ergebnissen, die Finanz Dimensionen sind nun bei theoretischen Billionen angekommen....ich bin damit ehrlich überfordert.


    Den einzigen, derzeitigen, Gewinner den man öffentlich wahrnimmt ist Rumänien. Verrückte Welt.

    09.09.2011 - First Blind Whisky Tasting by cippolino
    06.01.2012 - Second Blind Whisky Tasting by cippolino
    25.05.2012 - Third Blind Whisky Tasting by cippolino

  • Das Problem mit der Aufgabe der Souveränität ist eben, dass es eine Einheitswährung eben nicht ohne einheitliche Währungspolitik geben kann, man hat ja jetzt gesehen, was passiert, wenn man jeden machen lässt, was er möchte und man nicht einmal die Kriterien erfüllt die beim Erschaffen der Eurozone festgeschrieben wurden.


    Zum einen wollen die Europäer(in der Eurozone) das Prinzip der USA, jedoch kann ein kleines Land in Europa dann nicht einfach wie die USA mal eben Geld drucken um die Schulden zu drücken, daher ja auch Spekulationen über den Ausstieg Griechenlands. Auf der anderen Seite wollen sie ihre Souveränität behalten, was eben Paradox ist, da man sonst wieder genau da ankommt, wo man momentan schon steckt.
    Daher bin gespannt, ob es irgendwann die Vereinigten Staaten von Europa geben wird, obwohl ich mir es nicht vorstellen kann, es gibt einfach zuviel Vielfalt und der Anti-Euro-Flügel nimmt ja auch immer mehr zu, nicht nur im europäischen Umland.


    Und zum Thema Hebeln, naja dazu sollte man sich schon einmal mit VWL beschäftigt haben, um zu verstehen wie das mit der EZB und co. funktioniert, hier einfach gesagt, die 440Mrd € werden immer und immer wieder verliehen, bis schließich fast 8800Mrd € möglich sind, wo das Geld dann herkommen soll, dass müsst ihr Herrn Schäuble fragen.

  • Zitat

    Das Problem mit der Aufgabe der Souveränität ist eben, dass es eine Einheitswährung eben nicht ohne einheitliche Währungspolitik geben kann, man hat ja jetzt gesehen, was passiert, wenn man jeden machen lässt, was er möchte und man nicht einmal die Kriterien erfüllt die beim Erschaffen der Eurozone festgeschrieben wurden.


    Bedingt, Stichwort "Maastrichter Vertrag" hätte man sich daran einfach mal strikt gehalten..naja, hätte, würde, könnte.


    Was das hebeln betrifft, es wurde kurz erklärt. Grob gesagt eine Versicherung von möglich "unsicheren" Geld von Ländern wie Griechenland durch die EU. Was das beschaffen von Geld vereinfacht aber halt auch extrem gefährlich seien kann für die Versicherer.


    Der Grundgedanke der Europäischen Union hat ja wenig mit einer gemeinsamen Währung zu tun oder Finanzpolitik als mehr mit dem Verbund der Nationen durch den Handel ( wer handelt tötet sich nicht gegenseitig...)

    09.09.2011 - First Blind Whisky Tasting by cippolino
    06.01.2012 - Second Blind Whisky Tasting by cippolino
    25.05.2012 - Third Blind Whisky Tasting by cippolino

  • Hey, also ich muss sagen, mein Seminar hatte nichts mit der Eurokrise oder Griechenland zu tun sonderm it der Europäisierung und Domestizierung deutscher Außenpolitik. Meine Seminararbeit griff das Thema Griechenlandkrise/ Eurokrise nur deshalb auf, weil es ein sehr aktuelles Fallbeispiel für meine These darstellte (Deutsche Außenpolitik gestaltet sich seit geraumer Zeit zunehmend "nutzenorientiert" -> man spricht von einer "normalisierung" deutscher Außenpolitik, also einer stärkeren Gewichtung eigener Interessen etc. aber das mal nur so am Rande).


    Zitat

    Ja wir als Deutsche bekommen halt immer vorgehalten, seien wir doch die Profiteure des Euros, was mittlerweile eben schlichtweg einfach falsch ist und immer wieder fälschlicherweise in TV und anderen Medien so rübergebracht wird. Ich habe die genauen Zahlen nicht hier(könnte ich bei Bedarf aber raussuchen), aber soweit ich mich entsinne war unser Export in die jetzigen Euro-Länder vor der einführung des Euros unwesentlich niedriger, als er aktuell ist. Klar mögen wir anfangs davon profitiert haben, da der Euro im Vergleich zur DM bei weitem nichtmehr so stark war und wir unsere Waren daher eben günstig losgeworden sind, doch aktuell trifft das eben nicht mehr zu.



    Naja sorry aber da kann ich dir nur widersprechen. Wir sind immernoch einer der Hauptprofiteure des Euros. Wir sind ein Exportland -> Exporte innerhalb der Eurozone sind um einiges einfacher durch den Euro geworden. Zudem sind durch das Wegfallen der Wechselkurse deutsche Waren im europäischen Ausland deutlich "interessanter" geworden. Deutschland ist dafür bekannt, seine Lohnstückkosten gering zu halten, und damit seine Exporte auf Kosten anderer EU-Länder auf Rekordniveau zu halten. Daher profitiert die BRD quasi "doppelt" aus dem Euro 1. Stabile Währung 2. hoher Export innerhalb und außerhalb der Eurozone


    Ich bin echt kein "Wirtschaftswissenschaftler" und habe davon auch nur sehr sehr sehr geringe Kenntnisse, deshalb diskutiere ich nicht so gern über sowas. Aber dass wir vom Euro profitieren ist in jedem Grundlagenbuch über deutsche Wirtschaft/Wirtschaftspolitik zu lesen.

  • Aber das ist genau das Problem, dass du eben auch durch die ständige Aussage: "Wir sind Hauptprofiteur vom Euro" der Meinung bist, wir wären quasi die einzigen und auch die größten Profiteure.


    In der Wirtschaftswoche 39 diesen Jahres steht geschrieben: "Nur rund 41 Prozent unserer Ausfuhren werden im Euro-Raum verkauft - vor der Währungsunion gingen noch fast 46% der Exporte in diese Ländergruppen. Länder wie Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und die Niederlande liefern einen deutlich höheren Anteil ihrer Waren in die Euro-Zone.".
    Zumal der Export vor allem in asiatische Länder in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen hat.


    Auch hier nachzulesen: Ökonomin Renate Ohr: "Deutschland ist nicht Hauptprofiteur des Euro" - WirtschaftsWoche

  • Der Artikel ist sehr interessant. Ich habe hier noch eine bessere bzw. verständlichere Version mit anderen (zusätzlichen Quellen) gefunden. Anscheindend profitieren wir doch nicht sonderlich vom Euro.. gut zu wissen


    Die Euro-Lüge: “Deutschland ist Hauptprofiteur des Euro” | Zukunftskinder 2.0


    Der Artikel ist echt gelungen, nimmt er ja z.B. auch Bezug auf den von mir angesprochenen Artikel in der WiWo. Den Artikel kann ich dann auch gleich weiter verwenden, danke dafür.